Grüne diskutieren über den Erwerb von Gesellschaftsanteilen an EON-Weser-AG

Der Rat der Stadt Lage soll darüber entscheiden, ob im Rahmen der Rekommunalisierung der E.on-Weser-AG Gesellschaftsanteile im Wert von weit über zehn Millionen Euro erworben werden sollen. Um diese Frage entscheiden zu können haben die Grünen einen Fragenkatalog vorgelegt, der von der Stadtverwaltung oder einem Gutachter beantwortet werden soll. Lesen Sie ganz unten auch den Bericht im Postillon zum Thema

Fragenkatalog zu einer Beteiligung an der Rekommunalisierung der E.ON Westfalen Weser AG

(Grundlage für die Erarbeitung der vorliegenden Fragen ist eine Broschüre, die vom Deutschen Städtetag, Deutschen Städte- und Gemeindebund und vom Verband kommunaler Unternehmen e.V. im September 2012 veröffentlicht worden ist:
KONZESSIONSVERTRÄGE – Handlungsoptionen für Kommunen und Stadtwerke – Stadtwerk der Zukunft IV)

Einnahmen
Die zu erwartenden Einnahmen der Netzbetreiber sind weitgehend durch das Energiewirtschaftsgesetz geregelt. Es legt nach einem sehr komplizierten System die Netznutzungsentgelte fest. Z.B. findet bei der Festlegung der Netznutzungsentgelte ein bundesweiter Effizienzvergleich statt, für jeden Netzbetreiber wird ein Effizienzwert festgelegt. Vor diesem Hintergrund ist sichergestellt, dass auch ein 100% effizientes Unternehmen kontinuierlich Kosten abbauen muss. Dieses ist bei der Einschätzung von Chancen und Risiken zu bedenken. Eine Regulierungsperiode umfasst einen Zeitraum von fünf Jahren. Dann wird neu über die Netznutzungsentgelte verhandelt.

  • Wann läuft der jetzige Vertrag zur Festlegung der Netznutzungsentgelte aus?
  • Welche Auswirkungen sind mit dem Neuabschluss zu erwarten?
  • Wie unterscheiden sich die beiden Möglichkeiten – a) 10% Kauf mit Tilgung über die Erwerbsgesellschaft  – b) 100% Kauf mit Tilgung direkt über eine Bank? – in ihren Risiken und Chancen? )
  • Kann eine Zinsbindung bis zum Ende der Tilgung vereinbart werden?
  • Welche Nachteile hätte das?

Konzessionen
In den nächsten Jahren werden möglicherweise Konzessionsverträge, die von den Kommunen an die jetzt noch bestehende Gesellschaft vergeben worden sind, auslaufen. Diese Konzessionsverträge müssen unter Einhaltung sehr genauer Vorgaben neu ausgeschrieben werden und können (oder müssen) mit anderen Netzbetreibern abgeschlossen werden. Durch die Vergabe an andere Netzbetreiber wird das Netz womöglich unwirtschaftlicher, weil Kosten nicht vergleichbar abgebaut werden können. Beispielsweise soll die neue Gesellschaft das gesamte Personal des jetzigen Netzbetreibers übernehmen, was dann, wenn hier nicht eingespart werden kann, zu erhöhten Betriebskosten führt.

  • Bei welchen Kommunen ist eine EU-weite Ausschreibung zwingend?
  • Welche anderen Vorgaben und Rahmenrichtlinien ( z.B. Kartellrecht ) können dazu führen, dass Konzessionen zwingend an andere Bewerber vergeben werden müssen?
  • Haben demzufolge Konzessionsvergeber überhaupt Einfluss auf die Wahl des Konzessionsnehmers?
  • Wie muss eine Ausstiegsklausel für Lage (und andere Neugesellschafter) aussehen, die den Fall regelt, in dem ein Neugesellschafter seine Konzession anderweitig vergibt und somit aus der Gesellschaft aussteigen muss. Wie können die bis dahin durch Tilgung angesammelten Anteile für Lage in angemessener Höhe gesichert werden.
  • Wir bitten um eine Aufstellung aller Kommunen, die Konzessionsvergeber an die jetzige Gesellschaft sind. Aus der Liste soll hervorgehen, wann die Konzessionsverträge auslaufen.

Personal
Bei der Übernahme der Gesellschaft muss das für den Netzbetrieb zuständige Personal mit den damit verbundenen Pensionslasten übernommen werden. Nicht immer ist es möglich eine scharfe Trennung bei der Aufgabenzuständigkeit des Personals festzulegen. Im Interesse der Kommunalen Gemeinde muss es liegen, sich Fachpersonal mit hoher Kompetenz zu sichern. Die Personalkosten müssen dem Wettbewerb standhalten können.

  • Wie kann sichergestellt werden, dass kompetentes Personal auch weiterhin in der neuen Gesellschaft bleibt?
  • Wie kann sichergestellt werden, dass nicht zuviel Personal auf die neue Gesellschaft übertragen wird?
  • Liegen Vergleichszahlen anderer Netzbetreiber vor?

Netzausbau/Kosten

  • Eine dezentrale Energiewirtschaft soll die Energiewende erleichtern. Hierfür ist ein hoher Aufwand für ausreichende Verteilnetze und sonstige Infrastruktur notwendig. Für Fotovoltaikanlagen können ab einer bestimmten Auslastung umfangreiche Nachrüstkosten anfallen. Besonders teuer ist der Ausbau mit Smart Grids (intelligentes Stromnetz). Ein intelligentes Stromnetz umfasst die kommunikative Vernetzung und Steuerung von Stromerzeugern, Speichern, elektrischen Verbrauchern und Netzbetriebsmitteln. Durch dieses intelligente Stromnetz werden die miteinander verbundenen Bestandteile optimiert und überwacht (aus Wikipedia). Außerdem ist auf Grund der Bevölkerungsdichte und -struktur und dem damit verbundenen verhältnismäßig langen Netz, der Netzbetrieb im ländlichen Bereich teuer.
  • Sind die notwendigen Aufwandkosten für die Nachrüstung zur Aufnahme von Strom aus Fotovoltaikanlagen hinreichend eingeplant oder sind Nachrüstungen bereits durchgeführt?
  • Gibt es einen Ansatz zum Ausbau von sog. Smart Grids oder ist der Ausbau abgeschlossen? Da dieses ein besonders aufwendiger Bereich ist, sollten die Kosten konkret beziffert werden.
  • Sind entsprechende Versorgungskosten für den ländlichen Bereich eingeplant und in die Wirtschaftlichkeitsberechnung eingeflossen?
  • Sind Kosten für Instandsetzung, Pflege, Neubau berechnet?
  • Sind überhaupt ausreichend Verteilnetze vorhanden oder sind bereits neue Verteilnetze in der Planung?
  • Zu diesen Werten müssen Vergleichszahlen vergleichbarer Netzbetreiber vorliegen.
  • Extrem wichtig ist bei der Bewertung des Netzes die Festlegung der Netznutzungsdauer. Hierzu wird der sog. Anhaltewert festgelegt. Wird dieser weit nach hinten verlegt, erhöht sich natürlich der Wert des Netzes. Deshalb ist es wichtig, zu wissen, wer den Anhaltewert nach welchen Kriterien festgelegt hat. Die meisten mit dem Netz verbundenen Anlagen liegen ja unter der Erde und sind extrem schwierig zu beurteilen, weshalb es hier zu sehr unterschiedlichen Aussagen kommen kann. Wer hat Wie den Anhaltewert für das Netz festgelegt?
  • Auch hier müssen Vergleichszahlen von vergleichbaren Netzbetreibern vorliegen.
  • Bei der Übernahme der Gesellschaft kann es notwendig sein, das Netz zu entflechten. Sind Netzentflechtungsmaßnahmen vorgesehen und die Kosten bereits bei der Übernahme eingerechnet?
  • Ist ein daraus resultierender Neubau in Teilen des Netzes erforderlich?
  • Gibt es zur Einschätzung der Netzentflechtung belastbare Informationen zum tatsächlichen Netzzustand?

Einflussmöglichkeiten der Politik

  • Lage könnte 1,65% der Gesellschaft erwerben. Selbst wenn eine Aufstockung möglich sein sollte, ist der Anteil im Vergleich mit den großen Anteilseignern (Paderborn / Herford) marginal. Ist es bei einem so geringem Anteil überhaupt möglich, nennenswerten Einfluß auf die Geschäftspolitik der neuen Gesellschaft auszuüben?

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