Rede von Jürgen Rosenow, Fraktionsvorsitzender der Grünen, zur Verabschiedung des Haushaltes: Schwerpunkt seiner Ausführungen in der Ratssitzung sind die Aufgaben, die im Rahmen der Integration von Flüchtlingen von der Stadt zu bewältigen sind. Die Grünen stimmen dem Stellenplan zu, da ihrem Hauptanliegen – einer weiteren Sozialarbeiterstelle – entsprochen wurde. Den Haushalt lehnen die Grünen ab, da wesentliche Forderungen nicht eingearbeitet wurden und zu zahlreichen Punkten Unklarheiten bestehen und weil es bei verschieden Forderungen, denen der Rat zugestimmt hat, an der Realisierung durch die Stadtverwaltung mangelt
Lesen Sie unsere Anträge zum Haushalt wie folgt zu den Themen OGS, Sozialarbeit, Renaturierung der Gewässer, Fahrradständern und zu Bürgerradwegen. Lesen Sie die Stellungnahme der Grünen zum Haushalt nachfolgend:
Die Politik auf der Bundes- und Landesebene, aber auch auf der Kommunalebene wird bestimmt durch die gewaltige Aufgabe weit über eine Millon Menschen in Deutschland aufzunehmen. Wir müssen gemeinsam die Voraussetzungen schaffen, dass die Asylsuchenden die Möglichkeit haben, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren. Der Appell von unserer Bundeskanzlerin „Wir schaffen das“ ist auch aus unserer Sicht richtig und lobenswert, reicht aber nicht aus. Jetzt muss es heißen: „Wir können das schaffen, wenn wir die folgenden Anstrengungen unternehmen.“ Dazu bedarf es zunächst einmal einer realistischen Einschätzung der Erfordernisse und einer Einschätzung welche Menschen mit welchen Stärken und Schwächen zu uns kommen.
Legt man die Ergebnisse der internationalen Schulleistungsstudien Pisa und Timss für die heute 18-jährigen zugrunde, verfügen in Syrien 65 % nur über einfache Grundkompetenzen. Das heißt, dass zwei Drittel der jungen Menschen aus Syrien nur eingeschränkt lesen und schreiben können und keine komplexen Rechenaufgaben lösen können. Zwei Drittel der Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten haben keine berufsqualifizierende Ausbildung. Ein hoher Prozentsatz der Azubis aus Syrien, Afghanistan und dem Irak, die vor zwei Jahren eine Lehre begonnen haben, haben diese bereits wieder abbrechen müssen, weil sie nicht genügend vorgebildet waren und weil sie die deutsche Sprache unzureichend beherrschten.
Welche Konsequenzen haben wir als Kommune daraus zu ziehen? Die Unterstützung der bereits stattfindenden Sprachkurse und deren Intensivierung ist eine vordringliche Aufgabe. Die Betreuung der Asylsuchenden muss weiter intensiviert werden. Die Stadt folgt hier bereits unserem Antrag, eine weitere Sozialarbeiterstelle zu schaffen. Das muss nun auch sehr zeitnah erfolgen. Die beste Chance, in unserer Gesellschaft integriert zu werden, haben die ganz jungen Menschen, die zu uns kommen. Kinder lernen am schnellsten die Sprache, wenn sie ins kalte Wasser geworfen werden und täglich den Kontakt mit Kindern haben, die die deutsche Sprache beherrschen. Das heißt, dass für alle Kleinkinder in den Kitas und den Kindergärten Plätze geschaffen werden müssen und die Grundschulkinder der Asylsuchenden von Beginn an in den Regelklassen aufgenommen werden. Die Kindergärten und die offenen Ganztagsschulen müssen wir größtmöglich unterstützen. Die Erhöhung der Mittel für die offene Ganztagsgrundschule haben wir beantragt und wir begrüßen sie natürlich. Das ist aber nur ein Anfang. Wir müssen auch erreichen, dass nicht nur die beiden innerstädtischen Grundschulen die Integrationsarbeit zu leisten haben. Das wiederum erfordert eine stärkere dezentrale Unterbringung der Asylbewerber.
Unsere Anträge zum abgelaufenen Haushalt 2015, Anschaffung von Dienstfahrrädern für die Verwaltung, Modernisierung des Trauzimmers, Anlage von Spiel- und Verweilinseln in der Innenstadt und der Aufstockung der Mittel für Bürgerradwege um 70 000 Euro wurden vom Hauptausschuss und vom Rat damals mehrheitlich beschlossen. Diese Anträge waren Wiederholungsanträge. Wir hatten angekündigt, dass wir sehr darauf achten werden, dass die beschlossenen Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden. Im abgelaufenen Haushaltsjahr war das leider wieder nur teilweise der Fall. Der Bürgermeister und die Verwaltung haben diese Beschlüsse erneut nur zum Teil beachtet. Auch die seit Jahren beschlossene Einstellung eines Energiemanagers ist immer noch nicht umgesetzt worden. Der Ausbau der Bürgerradwege in Pottenhausen, Waddenhausen und Hagen, vor sechs Jahren beschlossen, geht nur sehr schleppend voran. Eine Aufstockung der Mittel hat die Koalition leider abgelehnt. In Waddenhausen und Hagen wird sich demzufolge in naher Zukunft nichts tun.
Hoffentlich zum letzten Mal, muss ich noch eine Bemerkung zu der leidigen Vergnügungssteuer machen. Die Zählgemeinschaft hat im Rahmen der Haushaltsplanberatungen beklagt, dass durch den Wegfall der Einnahmen aus dem Betrieb der neun illegalen Spielbistros an der Schötmarschen Straße voraussichtlich 110000 € im Haushalt 2016 fehlen werden. Wir hatten vor einem Jahr einen erhöhten Vergnügungssteuersatz von 19 % vorgeschlagen. Das hätte Mehreinnahmen von über 100 000 Euro im abgelaufenen Haushaltsjahr eingebracht. Leider hatte die Ratsmehrheit aus CDU,FWG,FDP,BBL und Aufbruch C dem nicht zugestimmt. Jetzt, mit einem Jahr Verspätung, wird der Steuersatz auf die von uns beantragten 19 % erhöht. Die Verantwortung für diese wegbrechende Haushaltseinnahme ist uns also nicht zuzurechnen. Außerdem sind wir froh, dass jetzt endlich, wenn auch sehr spät, geltendes Recht in dieser Angelegenheit hergestellt wird.
Wir werden in diesem Jahr dem Haushaltsplan 2016 aus den letztgenannten Gründen nicht zustimmen.
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